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750 Jahre Mückenloch: Die Geschichte eines Ortes - Teil 2

Berufs-, Religions- und Herrschaftswechsel prägen den Ortsteil

Im 1. Teil wurde auf die Geschichte des Ortsnamens, des Wappens und der Infrastruktur von Mückenloch zurück geblickt. Der bis Anfang 1975 eigenständige Ort hat zudem geschichtsträchtige Bauten vorzuweisen und einige Glaubenskämpfe hinter sich. Die Veränderungen machten auch vor den Einwohnern nicht Halt.

Ausgestorbene Berufe

Die Menschen, die zur Gründungszeit Mückenlochs vor über 750 Jahren und später vor Ort tätig waren, arbeiteten hauptsächlich in der Landund Forstwirtschaft sowie in Handel und Gewerbe. Früher boten auch die Buntsandstein- Steinbrüche entlang des Neckars Arbeit für die Steinbrecher, einen heute ausgestorbenen Berufszweig. Neben der schlechten Bezahlung waren es vor allem die miserablen Arbeitsbedingungen, die diesen Beruf in Verruf brachten: Den meisten Arbeitern in den Steinbrüchen war wegen der Staublunge nur eine kurze Lebenszeit vergönnt. Auch der Beruf des Hufschmieds starb aus, freilich aus anderen Gründen: Der Kutschenverkehr ging infolge der aufkommenden Motorisierung der Zwanzigerjahre immer weiter zurück und setzte dieser Berufssparte ein Ende.

Wirtschaftliche Veränderungen

Eine tiefgreifende Veränderung erfuhr in den letzten Jahrzehnten auch die Landwirtschaft: Von 90 landwirtschaftlichen Betrieben in Mückenloch im Jahr 1960 blieb 40 Jahre später nur noch ein landwirtschaftlicher Haupterwerbshof der Familie Trautmann. Ähnlich erging es der Forstwirtschaft, auch wenn der Ort über reichliche Waldfluren verfügt. Wer mit Ackerbau und Viehzucht kein Auskommen hatte, musste schon früher ein zusätzliches Gewerbe ausüben, zum Beispiel als Schreiner, Schmied, Wagner oder Küfer. In Mückenloch vor Ort benötigte man aber auch den Gastwirt, den Krämer, den Bäcker oder den Metzger. Heute ist ein Großteil dieser Berufe im Ort nicht mehr präsent.

Sakrale Bauten und Religionsverfassung

Ältester Sakralbau in Mückenloch dürfte die Wendelinskapelle im Gewann „Wendel“ auf der Anhöhe südwestlich des Dorfes an der Straße nach Waldwimmersbach gewesen sein. Über ihr Alter liegen jedoch keine genauen Hinweise vor. Jedenfalls wurde sie im Jahr 1516 nach einem Brand wiederaufgebaut. Fundamente der Kapelle sind heute nicht mehr vorhanden. Die eigentliche mittelalterliche Pfarrkirche war aber Sankt Cyriacus, benannt nach dem im Jahr 300 in Rom verstorbenen Märtyrer. Mit Sicherheit geht diese Kirchengründung auf die Zeit der Anlage des Ortes zurück. 1355 wird erstmals eine Kapelle in Mückenloch erwähnt, 1360 eine erste Pfarrei: Engelhard von Hirschhorn – die Hälfte des Ortes gehörte seit 1347 den Herren von Hirschhorn – verfügte die Inkorporation der Kapelle mitsamt der drei Altarpfründen in die Kirche von Ersheim (Hirschhorn).

Neubau der katholischen Kirche

Es handelte sich wohl um einen Vorgängerbau der späteren Kirche, die gleichfalls den Umfang einer Kapelle hatte. Deren Alter konnte vom Landesdenkmalamt in Karlsruhe archäologisch auf die Zeit um 1400 datiert werden. Auch zwei Glocken von 1497 bzw. 1499 belegen die Existenz dieser katholischen Kirche, die 1974 abgetragen wurde und dem jetzigen Bau einer katholischen Kirche weichen musste. Dank des Einsatzes des damaligen Pfarrers konnte 1946 die ältere der beiden Glocken wieder aufgefunden werden. Sie war während des Zweiten Weltkriegs beschlagnahmt worden, um sie für die Kriegsproduktion einzuschmelzen.

Auswirkung der Reformation

1525 kam auch die Reformation nach Mückenloch: Die katholische Kirche wurde trotz des Protestes des Würzburger Bischofs, dem die andere Hälfte der Ortschaft gehörte, ein lutherisches Gotteshaus; Reformator war Hans von Hirschhorn als Ortsund Kirchenherr. Daran änderte sich zunächst nicht allzu viel, auch wenn der Bischof von Würzburg noch 1607 die Ritter von Hirschhorn aufforderte, die Einwohner hinsichtlich der Religion beim alten Herkommen zu belassen. Aber die Hirschhorner hatten einen mächtigen Bundesgenossen: die Kurpfalz. Die Pfalzgrafen bei Rhein und Kurfürsten hatten sich gleichfalls mit Ott Heinrich 1556 dem Luthertum angeschlossen. Sieben Jahre später wandte sich sein Nachfolger Friedrich III., der Fromme, mit der Publikation des Heidelberger Katechismus sogar dem Calvinismus zu. Der Niedergang der dann weitgehend bayerisch besetzten Kurpfalz führte zu deren Rekatholisierung während des Dreißigjährigen Krieges, was sich auch auf Mückenloch auswirkte. Zudem starben die Herren von Hirschhorn 1632 in ihrem Mannesstamm aus und Mückenloch kam vollständig unter die Herrschaft des katholischen Hochstifts Würzburg.

Herrschaftswechsel

Nach der Schlacht bei Nördlingen 1634, die mit der Niederlage Schwedens und des deutschen Protestantismus endete, belehnte Würzburgs Reichsfreiherr Johann von Werth (1591– 1652) mit der Ortschaft. Von Werth war einer der bekanntesten Reitergeneräle des Dreißigjährigen Krieges in bayerischen bzw. kaiserlichen Diensten. 1662 kam Mückenloch durch Verkauf vermutlich wieder an das Hochstift Würzburg zurück. So gesehen war der Protest der dortigen Lutheraner beim kurpfälzischen Unteramt Dilsberg nachzuvollziehen, als der Karmeliter Pater sie im Jahre 1663 zur Beachtung der katholischen Feiertage zwingen wollte. Im Jahre 1691, mitten im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688–1697), kam es zum Tauschvertrag zwischen Kurpfalz und Würzburg. Erstere erhielt nunmehr Mückenloch gegen die Abtretung des Ortes Gerichtstetten im Oberamt Boxberg (heute Gemeinde Hardheim im Neckar-Odenwald- Kreis).

Eine Frage des Glaubens

Damit sollten die seit dem Mittelalter wegen Mückenloch teilweise offen ausgetragenen Differenzen zwischen beiden Territorien beigelegt werden. Bezüglich der Religionsausübung sollte die Regelung des Westfälischen Friedens in Mückenloch Gültigkeit besitzen. Dies bedeutete, dass das Normaljahr 1624 zur Anwendung gelangte. Demnach wären der Ort und die Kirche Sankt Cyriacus lutherisch geblieben. Da Kurfürst Johann Wilhelm aus dem Hause Pfalz Neuburg jedoch katholischen Glaubens war, überging er diesen Passus: Sankt Cyriacus wurde wieder der katholischen Kirche unterstellt. Zwischen 1781 und 1783 kam es schließlich zum Bau der ersten lutherischen Kirche im Ort, während die Reformierten seit 1784 nach Wiesenbach eingepfarrt waren. Sie stand bis 1962 in der Hauptstraße.

Evangelisch und neuapostolisch

1857 erhielt Mückenloch den Status einer evangelischen Pfarrei. Zuvor waren Dilsberg und Waldwimmersbach zuständig gewesen. Domizil des evangelischen Pfarrers wurde das heutige Haus Kiefer in der Talstraße. Die neue Pfarrkirche aus dem Jahre 1931 auf einer Anhöhe südlich der Birkenstraße im Oberdorf war ein früher Versuch, eine Dorfkirche modern zu gestalten. Die alte Kirche, ein einfacher Saal mit Chorpolygon, diente fortan als Schuppen, bis sie 1962 bei der Verbreiterung der Straße abgerissen wurde. Daneben existiert in Mückenloch seit 1911 eine neuapostolische Gemeinde. Die Gottesdienste fanden im Wechsel mit Spechbach zunächst im Haus der Familie Götz statt, da der Ort über keinen eigenen Prediger verfügte. Erst 1938 erhielt mit Leonhard Kirchner der erste Mückenlocher die Weihe zum Priester. 1958 ließ die neuapostolische Kirche schließlich ein Gotteshaus in der früheren Hauptstraße errichten. 1991 kam es dann zu einem Neubau im Nordosten des Ortes beim Friedhof.

Von Fred Raithel

Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Nussbaum Medien