750 Jahre Mückenloch - ein langer Rückblick - Teil 1
Vergangenheit, Fortschritt und Eingemeindung: Die Geschichte Mückenlochs
Der Name „Muegenloch“ wird erstmal 1273 in einer Urkunde, die sich im Erzbischöflichen Archiv in Freiburg befindet, erwähnt – vermutlich als eine Rodungssiedlung an den Hängen des Neckartals im 11. oder 12. Jahrhundert entstanden. Der Ortsname ist mit großer Wahrscheinlichkeit von den schon im Mittelalter in Massen entlang des Neckar auftretenden Mückenschwärmen abgeleitet, die Mensch und Vieh plagten. Das bis zu seiner Eingemeindung in die Stadt Neckargemünd zum 1. Januar 1975 eigenständige Mückenloch liegt mit seinem Hauptort auf einer durchschnittlichen Höhe von 199 Metern, ca. 16 km östlich von Heidelberg. Die Arbeiterwohngemeinde wies 1968 201 Wohngebäude bei 1001 Einwohnern aus, im Jahr 2019 waren es ca. 1140 Menschen, die in dem 7,25 km² großen Ort lebten.
Neckarhäuserhof hieß früher Wiswässerhof
In etwa 3 km Entfernung, bis 1968 nur durch eine Fähre mit der Außenwelt verbunden, liegt westlich der Einmündung des Finsterbachs der Ortsteil Neckarhäuserhof, eine Gründung des 18. Jahrhunderts, die ursprünglich Wiswässerhof hieß. Der seit Mitte der Siebzigerjahre des 20. Jahrhunderts ansteigende Kraftfahrzeugverkehr führte indessen im weiteren Verlauf zu einer Straßenanbindung nach Mückenloch über die Kreisstraße 4102. Zudem verläuft eine zweite Straße durch das Finsterbachtal zur Nachbargemeinde Haag.
Ortswappen
Bereits im Gerichtssiegel aus dem Jahre 1752 führte die kurpfälzische Gemeinde Mückenloch das Monogramm ML, darüber eine fünfzackige Krone. Aus diesem Siegel entwickelte sich später das Gemeindewappen, in dessen Farben rot und gelb die Erinnerung an die einstige Ortsherrschaft der Herren von Hirschhorn festgehalten wurde. Die Blasonierung der im Jahr 1900 durch das Generallandesarchiv in Karlsruhe vorgenommenen Wappengestaltung ist Folgende: „In Gold unter einer liegenden vierendigen roten Hirschstange, die durch eine Ligatur verbundenen schwarzen lateinischen Großbuchstaben ML. Im Jahre 1901 nahm die Gemeinde dieses Wappen, das auch in den Farben des Großherzogtums Baden gehalten ist, durch Gemeinderatsbeschluss an. Es handelt sich um ein Initialwappen.“
Infrastruktur und Versorgung
Der Kern der Siedlung liegt geschützt im südlichen Teil der einstigen Neckarschlinge um den Kirchberg. Deren Grundriss wird bestimmt durch die im Westen der Talkrümmung folgende, dann nach Norden auf den Kirchberg zu abbiegende Hauptstraße (Haufendorf). Die Stehgasse (heute ein Teil der Waldwimmersbacher Straße) trennt dabei das Unterdorf vom Oberdorf. Beide Teile sind recht dicht mit meist steilgiebeligen Häusern, die zu sehr kleinen landwirtschaftlichen Anwesen gehören, bebaut. Am Südrand des alten Oberdorfs beherrscht die neue evangelische Kirche aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen mit Spitzbogenfenstern, steilem Giebeldach und schlankem Glockenturm das Ortsbild. Die alte, ab 1781 erbaute evangelische Kirche stand bis 1962 in der Birkenstraße nördlich dieses Neubaus im Tal. In den Sechzigerjahren folgte der Ausbau der Hauptstraße zu einer Art Geschäftszentrum mit Läden und Bankfiliale.
Immer mehr Schließungen
Im Zuge der Gemeindereform kam es jedoch ab den Achtzigerjahren zu einer Verlagerung der Geschäfte in den Hauptort Neckargemünd. Im Februar 2017 schloss schließlich auch die Filiale der Sparkasse Heidelberg nach fast genau 60 Jahren in der Waldwimmersbacher Straße. Zuvor, 1995, schloss bereits das 1939 eröffnete Postamt Mückenloch. Mitte der Sechzigerjahre war der Einzelhandel somit durch ein Lebensmittel- und Textilgeschäft sowie zwei Bäckereien mit Lebensmittelläden vertreten. Gegenwärtig kann man in Mückenloch frische Brötchen nur noch in Conny’s Lädchen bekommen. Dort, im ehemaligen Schlecker-Areal, hielt sich auch ein Lebensmittelladen. Auf dem Sektor des Großhandels bestand um 1965 ein Getränkevertrieb, in dessen Tradition heute der Getränkehandel Scholl steht.
Wasser- und Stromversorgung
Die bauliche Entwicklung aus dem alten Ortskern heraus nahm ihren Anfang in den Zwanzigerjahren im Nordwesten mit dem sehr einfach gehaltenen Neubaugebiet längs des Gießelbachs. Sie setzte sich ab Ende der Fünfzigerjahre am Südhang des Kirchbergs fort. Nun entstanden auch Landhäuser im Bungalowstil in den hoch gelegenen Bereichen. In neuerer Zeit folgte ab den Neunzigerjahren die Bebauung des Gewannes in den Lindengärten. Dieser Entwicklung hatte bereits 1980 der Anschluss der Mückenlocher Trinkwasserversorgung an das Neckarsteinacher Netz Rechnung getragen. Notwendig wurde diese Maßnahme durch den Ausbau der Bundesstraße 37/45, sodass der seitherige Brunnen nicht mehr weiter betrieben werden konnte. Die Gemeindewasserversorgung mit Hausanschlüssen bestand seit dem Jahr 1907. Der Neckarhäuserhof erhielt 1908 eigenes Wasser. Bereits im Jahr 1930 kam es zum Bau einer Zusatzleitung vom Dilsberg. Dies war eine wenig befriedigende Lösung, infolgedessen man sich schon 1953/54 genötigt sah, einen Tiefbrunnen auf Neckarsteinacher Gemarkung bohren zu lassen. Hierbei gelangte das Wasser durch eine Leitung unter dem Neckar über eine Pumpstation zu einem 180 cbm fassenden Hochbehälter auf der anderen Flussseite. Die Abwässer wurden über ein seit 1950 im Ort vollständig ausgebautes Kanalnetz ab dem Jahre 1967 in einer gemeindeeigenen mechanisch-biologischen Kläranlage gereinigt, bevor sie in den Neckar gelangten. Elektrischen Strom erhielt der Hauptort 1923, der Neckarhäuser Hof vier Jahre später.
Gemeinsame Grundschule
Nach der zum 1. Januar 1975 erfolgten Eingemeindung nach Neckargemünd kam es auch im schulischen Sektor zu Veränderungen: Die bisher eigenständige Schule wurde mit der Grundschule in Dilsberg zur Grundschule Dilsberg-Mückenloch zusammengelegt. Nach Fertigstellung des neuen Schulbaus in Dilsberg 1984 konnten die Mückenlocher Schulräume fortan dem Ortschaftsrat und der 1938 gegründeten Freiwilligen Feuerwehr zur Verfügung gestellt werden. Weiterführende Schulen befinden sich in Neckargemünd.
Erster Linienbus 1950
Insbesondere nach Ende des Zweiten Weltkriegs war ein sprunghafter Anstieg der Bevölkerung zu verzeichnen, als infolge des Zuzugs von Flüchtlingen und Heimatvertriebenen die Bevölkerungszahl von 648 (1939) auf 961 im Jahre 1950 hinaufschnellte. 1965 waren es mit 985 Personen nicht viel mehr. Mückenloch war bereits zwischen den beiden Weltkriegen Arbeiterwohngemeinde. Dieser Charakter verstärkte sich in den Folgejahrzehnten noch um ein Beträchtliches. 1961 arbeiteten die Auspendler hauptsächlich in Heidelberg, gefolgt von Neckargemünd und Neckarsteinach. Da der Autoverkehr erst in den Siebzigerjahren verstärkt einsetzte, war es 1950 ein oberstes Gebot, eine Omnibusverbindung nach Heidelberg einzurichten, um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen. Vor dem Krieg bestand lediglich eine öffentliche Verkehrsanbindung über den 2 km entfernten Bahnhof Neckarsteinach. Man musste also zu Fuß dorthin gelangen.
Von Fred Raithel
Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Nussbaum Medien